Meyer Burger,
oder anders formuliert, mein bisher schlechtestes Investment überhaupt, ist ein Hersteller von Solarpanelen- und Modulen.
Was ist schief gegangen?
Kennen gelernt habe ich das Unternehmen im September 2020. Nach anfänglicher Skepsis habe ich mich näher mit dem Unternehmen und seiner Geschichte befasst und mir Interviews mit dem - zu dem Zeitpunkt neuen - CEO Gunter Erfurt angeschaut. Es klang vielversprechend. Das Unternehmen hatte all die Jahre zuvor die Maschinen gebaut, mit denen andere Hersteller Solarmodule bauen konnten. Leider war das Geschäft defizitär, trotz High-Tech Knowhow und Service-Verträgen. Man hat halt ein gewisses Kontingent an Produktionsmaschinen gebaut und diese an seine Kunden geliefert. Leider war es letztlich so, dass diese Kunden damit munter ihr eigenes Geschäft vorantreiben konnten, während Meyer Burger zunehmend die Nachfrage ausging. Evtl. wurde hier und da auch die Technik kopiert, sodass mancher Abnehmer neue Maschinen selber bauen konnte.
Irgendwann wurde dank Zustimmung der Aktionäre beschlossen, dass ein fundamentaler Neustart her muss. Und so entschied man sich dafür, nicht mehr das Knowhow der Produktionsmaschinen zu verkaufen, sondern selber zu nutzen, um damit eigene Solar-Module herzustellen. Klingt gut, dachte ich. Der CEO konnte mich in diversen Interviews davon überzeugen, dass man über das nötige Wissen verfügte, um sehr effiziente Module herzustellen, deren Leistungsdaten über denen der Konkurrenz liegen. Preislich sollten die Meyer Burger Module etwas über der vermeintlich schlechteren Konkurrenz liegen, aber noch im akzeptablen Rahmen. Vertriebe und Solarteure hätten wohl schon abgesegnet, dass die Module durchaus gute Chancen am Markt haben.
Ein weiterer überzeugender Punkt war, dass die Regierung nach einer komplett verschissenen Chance, in der ab 2009 die heimische Solar-Industrie fallen gelassen wurde, nun wiedergutmachen könnte, was damals versäumt wurde. Mein naiver Gedanke war, dass sich eine amtierende Regierung nicht zweimal die Führung einer technologisch spannenden und vor allem wichtigen Branche nehmen lassen würde. Sondern dass die gesamte Branche eine Art Renaissance erleben dürfte. Auch die Herstellungskosten für Module sollten dank einem höheren Automatisierungsgrad mit denen aus China mithalten können.
Was für eine schöne Vorstellung: Mehr einheimische Produktion, geringere Verschmutzung durch wegfallende Transportwege, Arbeitsplätze, die geschaffen werden, und Stolz auf eine moderne Technik in Deutschland. Dass Meyer Burger dann noch die alte Produktionsstätte der damaligen Solarworld in Freiberg zu einem attraktiven Preis kaufen konnte, war das Sahnehäubchen für einen gelungenen Neustart.
Was ist nun also passiert und welche Fehler habe ich als Investor gemacht?
Zu aller erst muss man sagen, dass die Konkurrenz aus China schier übermächtig ist. Im Jahr 2022 sind unglaubliche 87% der Module aus China nach Deutschland importiert worden. Chinas Regierung ist deutlich rigoroser unterwegs und subventioniert die eigene Solar-Industrie. Somit gelingt es, andere Märkte mit so niedrigen Preisen zu fluten, dass die deutsche Industrie auf ihren Modulen sitzen bleibt. Zurecht fordert der CEO Gunter Erfurt von der aktuellen Regierung mehr Unterstützung, um sich in der Energie-Politik unabhängiger aufzustellen. Ob, und wie diese Unterstützungen aussehen könnten, darüber herrscht noch Unklarheit.
Meine Fehler als Investor waren folgende: Ich habe meinen Investment-Case auf Hoffnung aufgebaut. Ein denkbar schlechter move. Ich habe in einen Turnaround-Kandidaten investiert, der sich komplett neu erfinden muss. Sowas ist grundsätzlich mit Schwierigkeiten verbunden. Das Unternehmen hat so noch nicht beweisen können, dass das neue Geschäftsmodell funktioniert. Es ist auch so nicht möglich, einen fairen Preis des Unternehmens zu bestimmen, wenn noch kein Geld ( und zwar wiederkehrend ) geflossen ist. Ich bin kein Venture-Capital Investor, der sich auf Wagniskapital für Start-Ups spezialisiert hat, sondern Investor in langfristig erfolgreiche Unternehmen. Naja, eigentlich. Ich habe in aller Euphorie meine eigenen Investment-Grundsätze ignoriert. So steht Meyer Burger aktuell mit einem Buchverlust von 42% im Depot. Stand Dezember 2023.
Die Position ist aufgrund des Risikos zum Glück schon seit Beginn an verhältnismäßig klein und ich bleibe dennoch mit diesem kleinen Teil weiter investiert. Die Gründe sind der Aufbau einer Produktionshalle in den USA, genauer Arizona. Wo dank Inflation Reduction Act finanzielle Unterstützung bereitgestellt wird. Und der Glaube an ein Einlenken der deutschen Politik, die heimische Solar-Industrie doch zu unterstützen.
Trotzdem werde ich bei diesem Investment immer an Peter Lynchs Worte aus seinem Buch "Der Börse einen Schritt voraus" erinnert, die sinngemäß lauteten: Warte, bis ein Unternehmen gezeigt hat, dass es Gewinne generieren kann. Selbst dann wird man noch unglaubliche Renditen erzielen können.
Jo, Peter...du warst nicht ohne Grund zu deiner Zeit einer der Besten. 😉
Das Beispiel Meyer Burger veranschaulicht auch wunderbar, dass hohes Risiko und hohe Rendite eben nicht miteinander korrelieren. Das ist ein Teil des typischen Schwachfugs, der sich in der Finanz-Theorie durchgesetzt hat, aber falsch ist. Hohe Sicherheit bedeutet hohe Rendite. Zum einen, weil sichere Unternehmen mit einem Bewertungsaufschlag gehandelt werden, wohingegen unsichere Unternehmen mit einem Risikoabschlag gehandelt werden ( Der Kurs also niedrig bleibt ). Und zum anderen, weil es die persönliche Gesamtrendite zerschießt, wenn ein Unternehmen operativ am Boden liegt. Kleineres Wachstum, das die Investitionen stetig wachsen lässt ist besser, als Lottospielen mit möglichen Totalverlusten.
Update vom 31.5.24
Die letzte Kapitalerhöhung habe ich nicht mitgemacht. Meine Erfahrung aus der davor liegenden haben mich dazu bewogen, nicht noch mehr Geld ins Loch zu schmeißen. Aus heutiger Sicht bin ich froh über diese Entscheidung. Trotzdem hat sich meine Position von Meyer Burger inzwischen bei minus 95% eingependelt. Also ein Totalverlust bis hierhin. Ob das Ganze noch was wird? Ich weiß es nicht. Genau aus diesem Grund habe ich auch nicht an der letzten KE teilgenommen. Zu spekulativ ist das Ganze. Ob die Produktion in den USA wirklich noch die erhoffte Wende bringt, ist aktuell nicht absehbar.
Heute morgen kam die Meldung, dass in der nächsten Generalversammlung eine Zusammenlegung der Aktien im Verhältnis 750:1 vorgeschlagen wird. Aus meiner Sicht der nächste Klopper, den ich eher kritisch betrachte. Beobachtungen anderer Unternehmen, die sowas durchgeführt haben, zeigten danach meist einen weiteren Abfall des Aktienkurses.
Ok... letztendlich ist das einzig Entscheidende, ob das operative Geschäft wieder auf die Beine kommt oder nicht. Für mich heißt es damit erstmal: Abwarten.