Meine Investmentgrundsätze

Worauf achte ich, wenn ich auf der Suche nach Investment-Möglichkeiten bin?

 

-Auf die Vergangenheit!

Whaaat?! werden jetzt einige schreien. An der Börse wird doch die Zukunft gehandelt, heißt es allerorts. Stimmt. Aber dieser Spruch wird sowieso dauernd falsch interpretiert. Die Leute glauben, man müsse die zukünftige Amazon, Apple oder Meta ( Facebook ) finden, um erfolgreich zu sein. Doch darin liegt ein grundlegendes Problem begraben. Denn niemand weiß, was die nächsten Amazons, Apple oder Metas werden. Oder Tesla....auch ein super Beispiel. Es funktioniert einfach nicht, das vorherzusagen. Wer diese Wette auf sich nimmt, tut nichts anderes als zu spekulieren. Mit investieren hat das aber nichts zu tun. Da bringt es auch nichts, sich das schön zu reden nach dem Motto: Wenn es dann aber ein Tenbagger oder mehr wird, ist es auch egal, dass die eine oder andere Spekulation in die Hose gegangen ist. 

 

Mich interessiert, ob das von mir anvisierte Unternehmen in den letzten Jahren (besser Jahrzehnten) gut gewirtschaftet und Gewinne eingefahren hat. Mich interessiert, ob die Margen attraktiv sind und die Schulden niedrig. Alles Punkte, die sich besser aus der Vergangenheit ableiten lassen als aus der ungewissen Zukunft. 

Der Punkt dabei ist der, dass ein Unternehmen ganz einfach schon bewiesen haben muss, dass es mit seinen Produkten/Dienstleistungen am Markt erfolgreich besteht! Wenn dann keine Gefahr am Horizont zu erkennen ist (bspw. ein neuer Konkurrent), dann kann ich diesen Punkt schon abhaken.

 

-Die Margen

Wie oben schon angedeutet, sind für mich die Margen wichtig. Zugegeben, sie nehmen nicht den wichtigsten Punkt ein, da es von Peergroup zu Peergroup unterschiedliche Margen gibt. Ein Software-Unternehmen hat naturbedingt schon höhere Margen als ein stahlverarbeitendes Unternehmen, das viel in teure Maschinen investieren muss und auch sonst viel höhere Rohstoff- und Produktionskosten hat. Wohingegen ein Software-Unternehmen sein Produkt mit minimalem Kostenaufwand quasi unendliche male reproduzieren kann.

Dennoch möchte ich im Allgemeinen sehen, dass die Bruttomarge im zweistelligen Bereich liegt, denn es geht auch darum, einen Puffer für schlechte Konjunktur-Phasen zu haben, in denen die Bruttomarge gerne mal einknickt.

Schön finde ich zudem, wenn ich sehe, dass das Unternehmen seine Margen über die Zeit steigern konnte. Das zeigt mir, dass eine gewisse Preissetzungsmacht besteht.

 

-Schulden

Am besten keine Schulden? Kann man so pauschal nicht sagen. Ohne Schulden gäbe es kein Wachstum. Trotzdem freut es mich, wenn die langfristigen Schulden gering sind. Gerade in der aktuellen Zeit der gestiegenen Zinsen ( Stand Dezember 2023 ) hat es sich in meinem Depot positiv ausgewirkt, Unternehmen mit geringen Schulden zu haben. Denn auch die Unternehmen kann es kalt erwischen, wenn sie langläufige Kredite bedienen müssen, deren Zinslast sich zunehmend erhöht. 

Desweiteren bin ich ein Freund von Dividenden, die im schlechten Fall ebenfalls darunter leiden könnten, wenn sich ein Unternehmen mit der Verschuldung verhoben hat. Da kann aus einer bis hierhin attraktiven Dividendenrendite mal ganz schnell eine Nullrunde werden. Puffer an Kapital ist also auch hier gut!


-Das Geschäftsmodell

Eine Sache, die eigentlich logisch erscheinen sollte, aber meiner Beobachtung nach gerne ignoriert wird. Das Geschäftsmodell muss in sich simpel genug sein, dass auch ein Affe (ich) es versteht. Ich würde mir zum Beispiel nie zutrauen, ein Pharma-Unternehmen zu analysieren. Testphasen, Zulassungen, Patente, Marktchancen neuer Medikamente, Risiken durch Klagen...no Way! Das alles ist eine Welt, die ich nicht verstehe.

Ich kann aber die Herstellung eines Autos nachvollziehen und deren Erfolg am Markt aufgrund der Verkaufszahlen. Oder einfache Dienstleistungen.

Aber je verworrener oder verschnörkelter ein Geschäft ist, desto eher nehme ich davon Abstand. Auch sogenannte Gemischtwarenläden - wie man zynisch Firmen mit unüberschaubaren Produktangebot nennt - tue ich mir nicht an.

Anmerkung: Man sollte ein unüberschaubares Produktangebot nicht mit sinnvoller vertikaler Integration verwechseln.


-Das Management-Team

Mich freut es grundsätzlich zu sehen, wenn das Management selber aktiv ins eigene Unternehmen investiert. Ich muss aber anmerken, dass man diesen Punkt nicht zu hoch gewichten sollte. Gerne wird so getan als wären Insider-Käufe oder Insider-Verkäufe ein klares Indiz dafür, ob es dem Unternehmen gut oder schlecht geht. Auf den ersten Blick scheint das auch logisch zu sein. Als Manager sitzt man ja direkt an der Quelle und kriegt mit, was im Unternehmen los ist. Wenn ich als Manager also Anteile verkaufe, signalisiere ich indirekt, dass ich selber nicht mehr an einen Erfolg oder eine Erholung im Unternehmen glaube.

Doch so simpel ist es dann leider doch nicht. Aus eigener Erfahrung kann ich sagen, dass massive Insider-Käufe mich nicht vor einer schlechten Geschäftsentwicklung - und damit einhergehend Kursentwicklung - bewahrt haben. Genau so wenig waren Insider-Verkäufe ein Hinweis auf eine schlechte Geschäftsentwicklung, sondern hatten mit dem operativen Geschäft überhaupt nichts zu tun und der Aktienkurs hat sich nach der Meldung des Verkaufs binnen weniger Wochen wieder vollständig erholt.

Ein weiterer Punkt ist die Amtszeit der Manager. Von Unternehmen, die alle zwei Jahre neue Manager einstellen, halte ich lieber Abstand, da ich dies als Indiz werte, dass in der Firma irgendwas nicht rund läuft.


-Die globale Verteilung

Ich bevorzuge Unternehmen, die in ihrem Heimatmarkt schon sehr erfolgreich sind, aber international noch nicht. Weil ich es gut finde, wenn noch Wachstumspotenzial vorhanden ist. Denn nichts ist ein besserer Katalysator zur Steigerung des Unternehmenswerts als Wachstum.


-free Cashflow

Kontinuierlicher free Cashflow! Wo wir wieder dabei sind, einen Blick in die Vergangenheit zu werfen. Der free Cashflow sollte natürlich über die Jahre steigen. Dass er schwankt, ist völlig normal, da Investitionen berücksichtigt werden. Der free Cashflow ist deshalb so wichtig, weil er aufzeigt, was einem Investor ausgezahlt werden könnte, ohne das operative Geschäft zu belasten. Außerdem ist diese Kennzahl "ehrlicher", da im Gegensatz zum free Cashflow der ausgewiesene Gewinn eines Unternehmens bilanziell manipuliert sein kann. Nur als Beispiel: Ein Unternehmen verkauft eine seiner Divisionen und bekommt dafür viel Geld. Dieses Geld kann nun in den Gewinn verbucht werden, wodurch das KGV schlagartig sinken würde und die Aktie auf den ersten Blick günstig erscheint. Aber die Realität ist, dass das Unternehmen quasi geschrumpft ist, also auch der operative Gewinn nach dem Verkauf der Division niedriger sein wird. Der plötzliche Überschuss ist also eine Eintagsfliege und bringt einem Aktionär nichts, außer vielleicht eine Sonderdividende. 

Ich möchte jedoch nicht verschweigen, dass der Verkauf defizitärer Divisionen einem Unternehmen langfristig auch gut tun kann.


-Der Preis

Hierbei geht es natürlich nur sekundär um den reinen Kurs. Dass eine Aktie, die 1000€ kostet, günstiger sein kann als eine, die 1€ kostet, dürften die meisten Anleger wissen. Aber wie lässt sich der Preis einer Aktie bestimmen? 

Dazu sei meinerseits der weise Spruch vorausgeschickt, dass die Bewertung eines Unternehmens keine Wissenschaft, sondern eine Kunst ist. Das dürfte auch eine Erklärung dafür sein, warum 10 von 10 Investoren ein und demselben Unternehmen jeweils einen anderen Wert zugestehen würden.

Ich selber handhabe es auch eher individuell. Sprich, das eine Unternehmen bewerte ich nicht so wie das andere. Aber ein paar Basics habe ich für mich definiert, an die ich mich nach Möglichkeit zu halten versuche.

Das wären zum Beispiel der Klassiker, das KGV. Nun ist es aber nicht so, dass ein KGV von 25 zu teuer ist im Vergleich zu einem KGV von 10. Es ist auch da abhängig vom Unternehmen selbst, bzw. der Branche, in der es sich befindet. Und auch vom Wachstum des Unternehmens!

Mir persönlich hilft es aber, mir das historische KGV anzuschauen. Wenn ich eine Firma finde, die seit vielen Jahren ein 25er Durchschnitts-KGV hat und aktuell für 20 zu haben ist, dann ist meine Aufmerksamkeit definitiv erregt.

Gleichzeitig hilft auch das KUV, also das Kurs-Umsatz-Verhältnis. Auch da orientiere ich mich am Durchschnitt der letzten Jahre. 

Dann ziehe ich das Kurs-FCF-Verhältnis heran. Wie ich weiter oben erwähnte, kann der Free Cashflow nicht so leicht manipuliert werden, weshalb man hiermit konkretere Aussagen über die aktuelle Bewertung geben kann.

Ebenso versuche ich, den diskontierten Free Cashflow der nächsten Jahre zu bestimmen. In der Regel halte ich mich an die nächsten 5 Jahre, denn je weiter man versucht die Zukunft zu prognostizieren, desto eher gleicht das Ergebnis dem eines Würfelspiels. Problem bei der Berechnung des DFC ( disconted free Cashflow) ist es, eine realistische Annahme über das zukünftige Wachstum des Free Cashflows anzustellen. Und dies ist wichtig, da schon minimale Abweichungen im einstelligen Prozentbereich das Ergebnis des fairen Wertes massiv beeinflussen. Das ist übrigens mitunter ein Grund dafür, warum man von Analysten Kursziele mit der Differenz von bis zu 100% sieht.


Auch die von Warren Buffett bevorzugte Berechnung der sogenannten Owner Earnings verwende ich, wenn es die Zahlen in den Geschäftsberichten zulassen. Bei einem einfach zu verstehenden und langjährig bestehendem Unternehmen funktioniert das. Bei Turnaround-Kandidaten jedoch nicht. Weil bei Turnarounds völlig unklar ist, wie hoch die Investitionen ausfallen werden, um das operative Geschäft wieder ans Laufen zu kriegen. Die Owner Earnings zeigen teils deutlich andere Ergebnisse auf als die Berechnung des DFC, was wieder mal deutlich macht, dass Unternehmensbewertung eine Kunst und keine Wissenschaft ist.


-Anzahl der ausstehenden Aktien

Recht schnell erklärt: Ein Unternehmen, das über viele Jahre hinweg die gleiche Anzahl an ausstehenden Aktien hat, ist definitiv ein gutes. Wenn es aber Aktien selber zurückkauft, mag ich das noch mehr. Wohlwissend, dass es immer den Einwand geben muss, die eigenen Aktien zu einem guten Kurs zurück zu kaufen und nicht einfach blindlings zu jederzeit. Aber darüber kann ich persönlich noch hinwegsehen.

Was aber gar nicht geht, sind Unternehmen, die über Jahre hinweg das Kapital ihrer Aktionäre verwässern! Es gibt sogar Firmen, die im Grunde nur dadurch überleben, dass sie ständig neue Aktien auf den Markt schmeißen. Dies reduziert selbstverständlich den prozentualen Anteil, den man selber am Unternehmen hält und somit verringert sich auch der Wert des eingesetzten Kapitals! Ganz klar eine Red Flag und somit raus aus der Bewertung!


-Analystenkursziele ignorieren

Kann man kurz machen: Kursziele von Analysten interessieren mich null! Wie aus dem oberen Abschnitt schon ersichtlich geworden ist, kommen Analysten teils auf ganz andere Ergebnisse als man selbst. Das bedeutet nicht, dass deren Ergebnisse falsch sind. Genau so gut kann ich völlig daneben liegen. Aber zum Investieren ohne Bauchschmerzen braucht es eins definitiv: Überzeugung!